Ein Abglanz der Diva
INNENSTADT Eigentlich hatte Regisseur Christopher Hustert nur das Rollenspiel trainieren wollen. Doch aus ersten Szenen wurde schließlich mit drei intensiven Monaten Probenarbeit die vollständige Inszenierung von „Marleni".
INNENSTADT Eigentlich hatte Regisseur Christopher Hustert nur das Rollenspiel trainieren wollen. Doch aus ersten Szenen wurde schließlich mit drei intensiven Monaten Probenarbeit die vollständige Inszenierung von „Marleni".
Die Riefenstahl (Rosi Kaufmann, links) will an ihrem letzten Film arbeiten. Die Dietrich: (Liesel Graf): „Arbeit macht schön! - Arbeit macht frei!“
Zur Premiere von ‚Marleni' zeigte das Theater-Atelier-Witten auf der Studiobühne der WerkStadt, was Hobby-Darsteller können. Das Zwei-Personen-Stück, ein Nachhall 1000-jähriger Geschichte, handelt vom imaginären Zusammentreffen einer abgewrackten Marlene Dietrich und einer immer noch ehrgeizigen, seit fast 50 Jahren zur Untätigkeit verdammten Leni Riefenstahl.
Letztere, selbst 89 Jahre alt, will einen letzten Film drehen. Um die 90-jährige Dietrich für die Hauptrolle als Amazone Penthesilea zu gewinnen, turnt sie über den Balkon in ihr Schlafzimmer.
Liesel Graf spielt verlotterte Dietrich
Was sie vorfindet, ist nicht einmal mehr ein Abglanz der Diva, dem Alkohol verfallen. Was sie nicht ahnt: Es ist deren Todestag. Einfallen ließ sich dies die erst 1970 geborene Autorin Thea Dorn.
Liesel Graf, theatererfahren von Aufführungen des Seniorentheaters der Städtischen Bühnen Dortmund, ließ sich als verlotterte und lichtscheue Marlene Dietrich kaum aus dem Bett locken, wehrte die Annäherungen der ‚Nazi-Nutte' mit Zoten und Nachttopf-Inhalt ab. Die 70-Jährige arbeitet schon seit sieben Jahren mit Regisseur Christopher Hustert.
Rosemarie Kaufmann ist Leni Riefenstahl
Rosemarie Kaufmann ist seit vielen Jahren erfahren im Laienspiel. Als resolute Regisseurin Leni Riefenstahl versuchte sie, das ‚Buddelwrack' Marlene zu Probeaufnahmen zu bewegen, heulte, schimpfte und setzte provozierend auf deren Eitelkeit.
Fünf Jahre arbeitet auch sie schon mit Hustert, der auf ihren 60. Geburtstag wartet. „Dann können wir das Stück endlich zum Wettbewerb für Seniorentheater anmelden“, verriet er schmunzelnd.
Zweifelhafte Komplimente
Verquickungen deutscher Filmgeschichte und brauner Politik passierten zu Husterts Collage aus alpinen Klängen, zeitgenössischen Tonsetzungen und Zitaten aus Riefenstahls Filmmusiken Revue. Rhythmik im Handeln, Sprechen, Atmen, verriet Hustert, sei entscheidend für die Wirkung der Dialoge. Vielen Zuredens hatte es allerdings bedurft, bis den Darstellerinnen Komplimente wie „Alte Gletscherspalte“ über die Lippen kamen.
Weitere Aufführungen: 30. November in der Villa Lohmann; 3.1.2008 in der Buchhandlung Lehmkuhl.