Torwartfrage beim BVB: Das macht Marwin Hitz in dieser Saison so stark
Borussia Dortmund
Kann Roman Bürki in Mailand spielen oder nicht? Torwarttrainer Matthias Kleinsteiber sagt: „Wir werden kein Risiko gehen“ - denn Ersatzmann Marwin Hitz hat auf sich aufmerksam gemacht.

Marwin Hitz scheint immer tiefenentspannt zu sein. © Guido Kirchner
Als die Zeit drängte, weil Roman Bürki auf dem Feld signalisierte, dass es für ihn nicht mehr weitergehen würde, da richtete Marwin Hitz auf der Bank erst einmal seine Dienstkleidung. Trikot, Stutzen, die Schuhbänder, natürlich die Handschuhe, sein wichtigstes Handwerkszeug. Alles musste perfekt sitzen. Das dauerte gut 90 Sekunden, so viel Zeit musste sein.
Kaum war er im Spiel, stand der Schweizer erstmals im Blickpunkt, als Patrick Herrmann einschussbereit vor ihm auftauchte. Mats Hummels nahm Hitz da noch die Arbeit ab.
BVB-Keeper Marwin Hitz rettete das 1:0 gegen Mönchengladbach
Erhöhten Pulsschlag machte man danach beim 32-jährigen Ersatzkeeper von Borussia Dortmund nicht aus. Das war auch nicht der Fall, als er kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit in der Partie gegen Gladbach den Fehler von Axel Witsel ausbügelte und im direkten Duell gegen Florian Neuhaus Sieger blieb – die Parade rettete dem BVB das knappe 1:0.

Roman Bürki zog sich eine Knieverletzung zu, Marwin Hitz ist gegen Mönchengladbach direkt zur Stelle. © Guido Kirchner
Es ist seine hervorstechendste Charakter-Eigenschaft. „Marwin“, sagt BVB-Torwarttrainer Matthias Kleinsteiber, „ist immer tiefenentspannt.“
BVB-Sportdirektor Michael Zorc bewies bei Hitz ein goldenes Händchen
Sollte Hitz am Mittwoch gleich hinter Kapitän Marco Reus ins Mailänder San Siro einlaufen, wäre das wohl nicht anders. Der Schweizer hat das Alter und die Erfahrung, um sich von besonderen Situationen nicht verrückt machen zu lassen.
Als der BVB vor 18 Monaten im Augsburger Hitz eine echte Nummer eins als zweiten Torhüter verpflichtete, schien das eine Personalie zu sein, die durchaus Konfliktpotenzial in sich barg. Die Nummer eins Roman Bürki war nicht unumstritten, Hitz wollte um den Platz im Tor kämpfen.
Heute kann man bilanzieren, dass Sportdirektor Michael Zorc auch in diesem Fall ein goldenes Händchen bewies. Bürki hat durch die verschärfte Konkurrenzsituation noch einmal einen großen Sprung gemacht, Hitz reihte sich klaglos ins zweite Glied ein, wies aber seine Klasse nach, wann immer er gebraucht wurde.

Beim BVB ist Hitz hoch angesehen - aber auch die klare Nummer zwei hinter Roman Bürki © Guido Kirchner
Der BVB muss sich nicht sorgen, wenn sich, wie jetzt, die Nummer eins verletzt. „Wir profitieren von dieser Konstellation“, sagt Kleinsteiber, „das haben die letzten beiden Jahre gezeigt.“
Die Zeit für Roman Bürki wird knapp
Noch ist offen, ob Bürki nach seiner im Spiel gegen Gladbach erlittenen Kapselzerrung im Knie im dritten Gruppenspiel der Champions League (Mittwoch, 21 Uhr) mit von der Partie sein kann. Jeder Tag Behandlung hilft weiter, ausschließen mochte Kleinsteiber am Montag nicht, dass Bürki noch den Sprung ins Tor schafft.
Er sagt aber auch: „Er hat einen Schlag aufs Knie bekommen. Das kann zu einer leichten Instabilität führen, manchmal kommt es verspätet auch noch zu kleinen Einblutungen. Wir werden sicher kein Risiko gehen, und wir brauchen in Mailand einen Torhüter, der mit dem Kopf voll bei der Sache ist.“ Und nicht mit einigen Gedanken noch bei seinem Knie.
Kleinsteiber ist sehr entspannt in der Frage, die Mannschaft sei es auch, versichert er. „Marwin genießt bei uns absolute Wertschätzung. Reicht es für Roman nicht, wird er einspringen.“
Hitz hat große Teile der BVB-Vorbereitung bestritten
Szenen wie in der 89. Minute, als sich Hitz gegen das lange Bein von Neuhaus breit machte und den Ball des Gladbachers abwehrte, geben allen ein gutes Gefühl.
Überhaupt dürfte sich das zweite Bundesliga-Jahr in Diensten der Borussia für Hitz ganz anders anfühlen. In seinem ersten musste er bis Ende Oktober warten, eher er zu seinem ersten Pflichtspiel kam. Am Ende waren es nur vier Einsätze.

Gegen den FC Bayern stand Marwin Hitz im Supercup im Tor vom BVB. © Guido Kirchner
In dieser Saison hat Hitz große Teile der Vorbereitung im Tor gestanden und auch in den ersten drei Pflichtspielen, nachdem Bürki wegen einer Risswunde am Schienbein Geduld brauchte, den Supercup gegen die Bayern, das Pokalspiel gegen Uerdingen und den Liga-Auftakt gegen Augsburg verpasste. „Er ist im Rhythmus“, sagt sein Torwarttrainer. „Davon profitieren alle.“
Marwin Hitz ist ein Familienmensch
Nach Spielen sieht man den Familienmenschen Hitz, geboren in St. Gallen und wurde entdeckt bei einem so genannten „Grümpelturnier“, eine Art Turnier für Freizeitkicker, fast immer mit seinen beiden Kindern auf dem Arm.
Allzu lange mag er nicht ohne die beiden Söhne sein. Mit Matteo (5) und Laurin-René (3) geht es lebhaft zu im Hause Hitz, „vielleicht“, sinniert Torwarttrainer Kleinsteiber schmunzelnd, „ist er deshalb ja bei der Arbeit so relaxed.“
Wenn nötig, auch am Mittwochabend vor 70.000 Zuschauern im Guiseppe Meazza-Stadion.