Um acht Uhr morgens beginnt die Schicht. 60 ehrenamtliche Männer und Frauen treten ihren Dienst im Gläsernen Restaurant auf Zeit an. Und lassen sich beim Kochen zusehen. Die Gastronomie ist im Südwesten der Westfalenhalle 3. „Wir sind aber meistens schon um sieben Uhr da“, sagt Gerrit Mansholt.
Der Küchenmeister aus Leer in Ostfriesland steht seit 47 Jahren am Herd. Es ist wohl die Leidenschaft zu seinem Beruf, die ihn zu so früher Stunde ins „Gläserne Restaurant“ zieht. Und mit ihm weitere Köche, Küchenhelfer und Hobbyköchinnen. In den folgenden Stunden bereiten sie ein mehrgängiges Menü zu. Jeder Teilnehmer mit Tages- oder Dauerkarte kann hier für 12,50 Euro essen.
Hochmotivierte Leute verarbeiten hochwertige regionale Produkte
Gerrit Mansholt strahlt die Freude an der Herausforderung dieser Tage geradezu aus. „Hier arbeiten hochmotivierte Leute mit tollen Produkten aus der Region.“ Die Produkte sind frühmorgens gerade angeliefert worden. „Ernährungsphysiologisch ist das sehr hochwertig“, sagt der Ostfriese. Lieferant ist der Schultenhof aus Dortmund-Brünninghausen. Obst und Gemüse kommen aus biologischem Anbau.

Auch das süße Dessert mit pflückfrischen Erdbeeren richten die Küchenmitarbeiter erst direkt vor dem Servieren an. © Stephan Schütze
Am Eröffnungstag putzen die Männer und Frauen zehn Stiegen Erdbeeren und 18 Stiegen Paprika, schneiden Zucchini in Stücke – die Gemüsebeilage zur Falafel. Ein anderes Team schält Kartoffeln für den Westfälischen Kastenpickert an Rhabarberkompott. Regionale Kost als Hauptgang.
Aufwändige Handarbeit ist eine Wertschätzung der Lebensmittel
Maschinen kommen in dieser Großküche kaum zum Einsatz. Auch den Spargel, der am Donnerstag auf der Karte steht, schält das Team des Gläsernen Restaurants von Hand. „Das ist eine Wertschätzung der Produkte“, sagt der Leiter des Restaurants, Enno Nottelmann. „Außerdem sind auch Auszubildende dabei, die etwas lernen“, ergänzt Küchenmeister Mansholt.
Nottelmann und sechs weitere Männer und Frauen bilden das Kernteam, das auch zwischen den Kirchentagen am Konzept des Gläsernen Restaurants arbeitet und Studien durchführt. Denn es geht um mehr als nur um eine hochwertige Verpflegung während des Kirchentags. Und das schon seit 32 Jahren. Das erste Gläserne Restaurant gab es 1987 in Frankfurt. Seit dem Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin ist es fester Bestandteil des Glaubensfestes.
Großküche ist beispielhaft für kirchliche Einrichtungen
„Wir wollen zeigen, dass man auch in einer Großküche anders arbeiten kann“, betont Dirk Werhahn. Er ist der Personalchef des Restaurants. „Denn viele der Ehrenamtlichen stehen auch beruflich in der Küche.“ Einige in Evangelischen Bildungseinrichtungen. Das Glaubensfest gibt auch der Organisation Kirche Impulse. „Von hier kann etwas ausgehen und sich wie Graswurzeln ausbreiten“, sagt Werhahn.
Bei Zubereitung und Service allein bleibt es nicht. Das Team des Gläsernen Restaurants reiste schon am Montag an. Am Dienstag stand eine Schulung in der Dasa auf dem Programm: nachhaltige Ernährung und Team-Building.
Am Eröffnungstag dann das „Warmkochen“ mit 200 Mahlzeiten. Um 13 Uhr eröffnet Kirchentagspräsident Hans Leyendecker die für Großveranstaltungen außergewöhnliche Gastronomie. Und nimmt an einem der dekorierten Tische Platz. Selbstbedienung ist im Gläsernen Restaurant verpönt. Das Team serviert am Tisch.

Sich Zeit nehmen und die Qualität der Produkte wertschätzen: Zum Konzept gehört auch der Service am dekorierten Tisch. © Stephan Schütze
In der offenen Küche läuft derweil die im wörtlichen Sinn heiße Phase. Alles kommt frisch aus dem Ofen auf die Teller. „Essen muss seinen Wert haben“, betont Enno Nottelmann. „Wir müssen uns Zeit nehmen und Qualitätsbewusstsein entwickeln.“ Slow Food im originären Sinne – Qualität auf Restaurant-Niveau.
1000 Mahlzeiten bereitet das Team täglich von Donnerstag bis Samstag zu, Fleisch gibt es übrigens nicht. Das stoße bei den Jüngeren auf große Zustimmung und lediglich „bei strukturkonservativen Älteren“ auf Kritik, erklärt Dirk Werhahn und lächelt.