Kalte Küche zu Weihnachten, Sekt inklusive - und Schneebars mit Apfelkorn Günther Overkamps Erinnerungen

Aal gehört unbedingt dazu, Lachs natürlich auch – Koch Günther Overkamp schätzt die kalte Fischplatte, die in seiner Familie Tradition ist zu Heiligabend. In der Vor- und Nachweihnachtszeit denkt er viel an die Kindheit im Sauerland.
Aal gehört unbedingt dazu, Lachs natürlich auch - Koch Günther Overkamp schätzt die kalte Fischplatte, die in seiner Familie Tradition ist zu Heiligabend. In der Vor- und Nachweihnachtszeit denkt er viel an die Kindheit im Sauerland. © Overkamp
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Wenn ich zurückdenke an die Zeit vor und nach Weihnachten damals im Sauerland, wo ich ja wech bin, dann denke ich an viel viel Schnee. In den Autos unserer Eltern lagen immer zwei Säcke Sand im Kofferraum, damit wir überhaupt von der Stelle kamen. Und alle Schneemänner waren mindestens mannshoch.

Aus den Schneemännern wurden später Schneebars mit Apfelkorn. Zu erzählen gibt’s davon nichts. Denn wer sich erinnert, war nicht dabei.

Der Schnee kam damals früh. Für den Skilift direkt bei uns am Haus, der uns aber nicht gehörte, bekamen wir schon im November die Liftkarte. Kaum aus der Schule, saßen wir im Lift und konnten den ganzen Tag Skifahren – und unsere Eltern hatten die Blagen unter den Füßen weg.

Zwei Tage vor Weihnachachten war der Spaß vorbei. Unsere Mutter nahm uns die Karten wieder ab – damit wir sie Heiligabend als Geschenk auspacken konnten! Heute hab ich dafür Riesenverständnis, aber als Kind fand ich das grausam. Kinderquälerei. Gehörte eigentlich angezeigt.

Weihnachten bedeutete natürlich auch Kirche. Viel singen. Stille Nacht, Oh du Fröhliche und wieder von vorn. Und dazu jede Menge Weihrauch. Interessant ist ja auch, dass wir heute meinen, die Weihnachtszeit hört mit Weihnachten auf.

Dabei fängt sie ja erst zu Weihnachten an! Zumindest im Kirchenjahr. Wir alle haben dann schon vier Wochen Advent mit Essen und Trinken hinter uns. Für die tief Gläubigen ist die Adventzeit aber eigentlich eine Fastenzeit. Wie sich so alles ändern kann!

Baum klauen war Tradition

Wichtigste Aktion für meinen Vater und mich war damals die „Erlegung“ des Weihnachtsbaums. Der wurde jedes Jahr geklaut. In irgendwelchen Schonungen, wo man durch tiefen Schnee hin waten musste – und natürlich auch wieder zurück. Mit der Beute. Und der Aufgabe, die Spuren zu verwischen. Was ja gar nicht wirklich gelingen konnte.

Dann die große Spannung, ob wir dafür zuhause auch gelobt wurden. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Es musste ja dunkel sein, damit uns keiner sah, und der Baum lag voller Schnee. Da konnte man nicht immer erkennen, ob er um drei Ecken gewachsen war.

Aber das Schöne an der Sache: Man konnte das hinterher in der Kirche beichten. Wir waren nicht die einzigen.

In meiner frühesten Kindheit hatte das Hotel meiner Eltern Heiligabend geöffnet. Es gibt fast nichts, was man sich schlimmer vorstellen kann, als dass man als Kind auf die Bescherung wartet und die Gäste gehen nicht ins Bett!

Nur eines war noch schlimmer: Im Ernstfall saßen die auch noch am Gabentisch. Zum Beispiel Frau Füntmann aus Wuppertal, die für sechs Wochen eingecheckt hatte und die man eigentlich jeden Tag gerne sah, weil sie immer Werthers Echte in der Tasche hatte. Nur Heiligabend brauchte man sie wirklich nicht.

Heiligabend mit Aal und Sekt

Noch immer bin ich Weihnachten immer bei Mama im Sauerland. Es gab und gibt bei uns an Heiligabend immer nur kalte Küche. Fischplatte. Das Wichtigste ist Aal. Und zwar Aal fett. Getrunken wird dazu Rosé-Sekt. Neben dem Tisch steht der Toaster, da kann sich jeder dann seinen Toast machen.

Jetzt wird das langsam schwierig, weil alle möglichen Familienangehörigen alles Mögliche nicht essen. Meine Tochter, die Vegetarierin, isst Pfannkuchen, mein Bruder, der keinen Fisch mag, macht sich ein Steak. Dann wollen meine Jungs natürlich auch ein Steak. Nur ich rühr keinen Finger in der Küche. Ich mach nur Flaschen auf. Gelernt ist gelernt.

In diesem Sinne: Bis denne, im neuen Jahr!