Den Alltag in Farbe gegossen: Die Recklinghäuser Kunsthalle zeigt die Schau „Frömmigkeit und Nachtgesichte – Naive Kunst aus Polen“ – und gibt Einblicke in das Nachkriegsleben der Bergleute. Denn dort war Kunst zunächst nur ein netter Zeitvertreib.
Die Schnitzereien sind häufig kleinteilige Arbeiten. Das Abendmahl stammt von Jan Madej. BALAS
Polnische Kunst hat im Ruhrgebiet schon lange Tradition. Die zugezogenen Bergleute organisierten sich bald in Musik-, Theater- und Malgruppen. Letztere erhielten Gelegenheiten, in den Lohnhäusern auszustellen und an Wettbewerben teilzunehmen.
Sammlung umfasst mehr als 800 Werke
"Dabei wurde auch so manches Talent entdeckt", sagt Kurator und stellvertretender Museumsdirektor Hans-Jürgen Schwalm. Die Recklinghäuser Museen sammeln daher bereits seit mehr als sechs Jahrzehnten naive Kunst - die Sammlung umfasst inzwischen mehr als 800 Werke.
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Die Kunsthalle zeigt Naive Kunst aus Polen
Bunte Schnitzereien und Malereien: Die Kunsthalle Recklinghausen zeigt die Ausstellung "Frömmigkeit und Nachtgesichte - Naive Kunst aus Polen im Spiegel der Moderne". Naive Kunst bildet seit mehr als sechs Jahrzehnten einen Sammelschwerpunkt der Recklinghäuser Museen.
Die aktuelle Ausstellung entsteht als gemeinsame Initiative mit dem Kunstmuseum Bochum und dem Skulpturenmuseum Glaskasten Marl. Zu sehen gibt es nicht die makellosen Werke exzentrischer Künstler - die naive Kunst zeigt vor allem Schnitzereien und Malereien, die im Stillen, meist im eigenen Heim entstanden sind. "Großflächige Bilder sieht man hier eher selten", sagt Schwalm, "die meisten Werke sind am Küchentisch entstanden".
Viel Zeit beim Schafehüten
Die Künstler hätten häufig nach vier Jahren die Schule verlassen müssen, um durch kleine Aufseharbeiten die Familie zu unterstützen. "Beim Kühe oder Schafe hüten, hatten sie viel Zeit und fingen dann mit dem Schnitzen an", erklärt Schwalm. Dass mit der Kunst ein kleines Zubrot verdient werden konnte, habe sich häufig erst im Nachhinein herausgestellt, wenn sich die Begabung des Künstlers herumgesprochen hätte.
Von der Schöpfungsgeschichte bis hin zum Abendmahl: Christliche Motive ziehen sich durch die gesamte Ausstellung und wiederholen sich häufig: "Man hat gemalt, was man kannte", erklärt der Kurator, "und das waren vor allem biblische Geschichten."