Sirenenalarm in NRW Millionen Handys schlugen am Warntag heute Alarm

Redakteur
Eine Sirene in einem Dorf.
Am 9. März hat NRW Sirenen und Handy-Alarme getestet. © picture alliance/dpa
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Um Punkt 10.59 Uhr drückt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Lagezentrum der Landesregierung die linke Maustaste. Ein paar Sekunden lang herrscht Stille, doch dann geht das Getöse los: Unzählige Handys schrillen nahezu gleichzeitig los, nicht nur im Lagezentrum. Einen guten Kilometer Luftlinie entfernt im Landtag muss die Sitzung unterbrochen werden, bis sich die Mobiltelefone wieder beruhigt haben. Dann beginnt das Sirenengeheul.

Beim landesweiten Probealarm sollten am Donnerstag (9.3.) in Nordrhein-Westfalen 6000 Sirenen heulen und Millionen Handys schrillen. Die vollständige Bilanz, ob alles wie geplant funktioniert hat, wird erst am Freitag vorliegen. Nach Angaben des Mobilfunkunternehmens Vodafone war der Test jedoch erfolgreich – neben NRW hatte auch Bayern einen Warntag. Nahezu alle im Vodafone-Netz aktiven Mobilfunkstationen, 5000 in NRW und 4200 in Bayern, hätten das Warnsignal an die Endgeräte ausgesendet.

Damit habe die Testwarnung ein Gebiet erreicht, in dem mehr als 99 Prozent der Bevölkerung der beiden Bundesländer wohnen und arbeiten. Auch die Deutsche Telekom zeigte sich sehr zufrieden. Mehr als 99 Prozent aller Mobilfunkstandorte hätten die Warnung innerhalb weniger Sekunden versendet. Nach dem bundesweiten Probealarm im vergangenen Dezember löste das Land NRW damit erstmals zentral das Warnsystem Cell Broadcast aus.

Dadurch sollten auf allen Mobiltelefonen, die in NRW eingeschaltet, auf dem technischen Stand und mit dem Netz verbunden waren, neben der akustischen Warnung auch Texthinweise erscheinen. Im Ernstfall wären es Warnhinweise, diesmal war es eine Entwarnung: „Probealarm. Es besteht keine Gefahr.“ Neu hinzukommen sollte dieses Mal eine Warnung über Stadtwerbetafeln der Firma Ströer, wie der Städte- und Gemeindebund in NRW mitteilt.

Sirenenalarm in NRW: Über diese Kanäle wurde gewarnt

Cell Broadcast und Stadtwerbetafeln sind nur zwei Kanäle, über die die landesweiten Warnungen die Bevölkerung erreichen sollen. In diesem Jahr wird eine landesweite Warnung über das Modulare Warnsystem (MoWaS) zentral aus dem Lagezentrum der Landesregierung ausgelöst.

Über das MoWaS werden diese Kanäle gesteuert:

  • Die bekanntesten Warn-Apps wie NINA und Katwarn sind an das bundesweite Warnsystem angeschlossen. Bei landesweiten oder lokalen Warnungen erhalten Empfänger eine Push-Nachricht auf ihr Smartphone.
  • Sowohl Radio- als auch Fernsehsender können zentral gesteuerte Warnungen an die Bevölkerung weitergeben.
  • Im Internet warnt die Website des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe warnung.bund.de vor Gefahren.
  • In einigen Städten sind auch digitale Informationstafeln an das MoWaS angeschlossen. Die jeweilige Stadt- oder Gemeindeverwaltung kann Auskunft geben, ob die städtischen Informationstafeln an das Warnsystem angeschlossen sind.
  • Verschiedene Verkehrsanbieter zeigen Warnmeldungen in ihren Verkehrsinformationssystemen an.
Eine Warnmeldung wird probeweise am S-Bahnhof Friedrichstraße auf einem digitalen Screen angezeigt, während eine S-Bahn einfährt.
Beim bundesweiten Warntag im Dezember 2022 kamen digitale Stadtinformationstafeln zum Einsatz. Sie sollen auch beim NRW-Warntag im März an das zentrale Warnsystem angeschlossen werden. © picture alliance/dpa

Kritik am letzten Warntag

Durch das zentral gesteuerte Warnsystem müssen sich die städtischen Leitstellen im Brandschutz oder die Rettungsdienste nur um die Warnmittel außerhalb des Modularen Warnsystems kümmern. Dazu zählen hauptsächlich die Sirenen, die im gesamten Stadtgebiet zu hören sein sollen.

Neben der Überprüfung der Sirenen ist das Ziel der Warntage, die Bevölkerung auf eine mögliche Gefahrenlage vorzubereiten und das Bewusstsein für die unterschiedlichen Warnmittel und -töne zu erhöhen. Das Proben für den Ernstfall sei sehr wichtig und diene der Sicherheit, so NRW Innenminister Herbert Reul vor dem Warntag im Dezember 2022. „Nur wer regelmäßig übt, weiß, welche Rädchen dann ineinandergreifen müssen und erkennt, wo es noch hakt.“

Neben einer positiven Bilanz des letzten Sirenenalarms in NRW gab es auch Kritik. Es wurde beispielsweise bemängelt, dass trotz des neuen Warnmittels Cell Broadcast erhebliche Teile der Bevölkerung wieder nicht erreicht worden seien. Tatsache ist, dass längst nicht alle Handys, die in einer Funkzelle eingebucht sind, erreicht werden. Ältere Modelle, die vor allem Senioren noch bei sich haben, bleiben außen vor, nur Smartphones sind gemeint. Und auch die nur, wenn sie neue Software-Updates haben. Nach Angaben von Vodafone sind circa drei Viertel der Mobilfunkgeräte in der Lage, Cell Broadcast zu empfangen. Im Umkehrschluss heißt das: Ein Viertel fällt durchs Raster.

Sirenenalarm in NRW: Das bedeuten die unterschiedlichen Warntöne

Dass jeder Bürger die verschiedenen Sirenentöne einordnen und verstehen kann ist ebenso wichtig wie das Funktionieren der anderen Warnkanäle. Nach Einschätzung von Bevölkerungsschützer Uwe Krischer vom Deutschen Roten Kreuz NRW könne das ein Großteil der Bevölkerung nämlich nicht.

Hier lernen Sie, wie die einzelnen Warntöne klingen und was sie bedeuten. Die Sirenensignale bestehen aus drei Tönen:

  • Warnung: Ein an- und abschwellender Dauerton ca. 1 Minute bedeutet „Warnung“. Dieser Sirenenton kann auf Gefahren wie Hochwasser, Großbrände, Bombenentschärfungen Unwetter oder Chemieunfälle hinweisen. Bei diesem Signal sollen die Menschen schützende Gebäude aufsuchen, Fenster und Türen geschlossen halten, Ruhe bewahren und das Radio einschalten.
  • Entwarnung: Ein Sirenen-Dauerton von einer Minute bedeutet „Entwarnung“.
  • Alarmierung der Feuerwehr: Drei Sirenen-Dauertöne binnen einer Minute bedeuten „Alarmierung der Feuerwehr“ – etwa bei größeren Einsatzlagen sowie bei Ausfall der Alarmierungsmöglichkeiten über individuelle Funkmeldeempfänger.

Warntag in NRW: Erstmals 2018 eingeführt

Der landesweite Warntag war 2018 eingeführt worden. Damals sei er dafür noch mit Spott bedacht worden, sagte Reul. „Da hieß es, der Reul hat einen Riss in der Schüssel, der Kalte Krieg sei vorbei. Das Bewusstsein hat sich seither ein wenig verändert.“

In Nordrhein-Westfalen sind seit Mitte 2021 mehr als 700 neue Sirenen hinzugekommen. Das Sirenennetz werde weiter ausgebaut, sagte Reul. Dafür stelle das Land in diesem Jahr zehn Millionen Euro zur Verfügung, nachdem der Bund die Mittel gestrichen habe.

Cell Broadcast wurde in NRW vor wenigen Tagen auch erstmals im Ernstfall lokal eingesetzt: Am 28. Februar hatte die Feuerwehr-Leitstelle in Münster die Bevölkerung vor einem Großbrand gewarnt.

Je nach Warnstufe geben die Geräte trotz Lautlos-Modus einen Warnton aus – etwa bei einer Warnung vor Hochwasser oder Erdbeben. Die Einführung von Cell Broadcast war beschlossen worden, nachdem im Juli 2021 bei der Hochwasser-Katastrophe die Warnung der Bevölkerung vielerorts ausgeblieben war und in NRW und Rheinland-Pfalz 182 Menschen starben.

mit dpa/seh

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