Ernährungsumstellung statt Diät: So geht Abnehmen ohne Verzicht

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Was sollte man essen, wenn man Gewicht verlieren möchte: Schokolade oder Apfel? Die Antwort lautet: beides!
Was sollte man essen, wenn man Gewicht verlieren möchte: Schokolade oder Apfel? Die Antwort lautet: beides! © Carolin West
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Kennen Sie das? Wochen- oder sogar monatelang haben Sie sich strikt an einen Ernährungsplan gehalten. Die Pfunde sind gepurzelt und mit ihnen manchmal auch die gute Laune. Denn neben der Freude über die sinkende Zahl auf der Waage, ist da noch die dauerhafte Anstrengung, bloß nichts „Falsches“ zu essen. Teilweise schlägt zudem angesichts der extrem geringen Kalorienzufuhr das Hungergefühl zu.

Und dann, sobald das Ziel erreicht ist, kommen mit der daraus resultierenden Entspannung oft auch die verlorenen Kilos zurück. Mit einer strengen Diät vorübergehend abzunehmen, ist deshalb in der Regel nicht das Problem. Das Wunschgewicht danach zu halten, ist die größere Herausforderung.

Die Vereine für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB) schreiben dazu: „Ohne grundlegende Veränderung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten kehrt das Körpergewicht nach einer Reduktionsdiät schnell wieder zum Ausgangspunkt zurück. Steigt es noch darüber hinaus, spricht man vom Jojo-Effekt.“

Das Problem erkennen

Was können wir also tun, um das zu vermeiden? Zunächst einmal ist es wichtig, das Problem zu erkennen: Mit einer Diät, die die Kalorienzufuhr in den meisten Fällen drastisch reduziert, nehmen wir zwar schnell ab, aber nicht auf Dauer. Sinnvoller und effektiver ist es deshalb, an den eigenen Gewohnheiten zu arbeiten.

Und ohne die Euphorie bremsen zu wollen, ist es wichtig, dabei Geduld mit sich selbst und dem eigenen Körper zu haben. „Um den Jojo-Effekt zu umgehen, sollten Abnehmwillige ihr Gewicht langsam reduzieren“, so die UGB. Das bedeutet, dass ein langsamer Gewichtsverlust zwar mehr Zeit benötigt, aber nachhaltiger ist.

Dafür ist eine Veränderung unserer Essgewohnheiten nötig. Dabei wird keine Lebensmittelgruppe ausgespart – alles ist erlaubt, aber „Ungesundes“ eben nur in Maßen. Wie eine solche Ernährungsumstellung aussehen könnte, erkläre ich in den nachfolgenden Absätzen.

Die „Harris-Benedict-Formel“ nutzen

Zunächst einmal ist es aber wichtig zu wissen, wie viele Kalorien Sie täglich zu sich nehmen sollten, um abzunehmen. Dafür müssen wir den ungefähren Grundumsatz berechnen. Der Grundumsatz ist der Kalorienverbrauch, den der Körper im Ruhezustand hat.

Einige Kalorien verbrennen wir nämlich ganz ohne unser Zutun. Zur Berechnung können Sie einen der bekanntesten Wege nutzen, der zudem wissenschaftlich anerkannt ist: die Harris-Benedict-Formel. Diese ist geschlechterspezifisch. Männer berechnen ihren ungefähren Grundumsatz mit:

66,47 + (13,7 x Körpergewicht in Kilogramm) + (5 x Körpergröße in Zentimetern) – (6,8 x Alter in Jahren) = Grundumsatz

Bei Frauen sieht die Formel so aus:

655,1 + (9,6 x Körpergewicht in Kilogramm) + (1,8 x Körpergröße in Zentimetern) – (4,7 x Alter in Jahren) = Grundumsatz

Der Grundumsatz ist das absolute Mindestmaß an Kalorien, das niemals unterschritten werden sollte – auch nicht beim Abnehmen. Denn andernfalls wäre eine Verlangsamung des Stoffwechsels die Folge, die eine weitere Gewichtsreduktion erschwert.

Der „PAL-Wert“ spielt eine Rolle

Zusätzlich zum Grundumsatz sollten Sie Ihren persönlichen PAL-Wert (Physical Activity Level) kennen, der sich auf Ihre alltägliche Bewegung bezieht:

  • 1,2 = ausschließlich sitzende oder liegende Lebensweise
  • 1,4-1,5 = ausschließlich sitzende Tätigkeit mit wenig oder keiner anstrengenden Freizeitaktivität, z.B. Büroangestellte
  • 1,6-1,7 = sitzende Tätigkeit, zeitweilig auch zusätzlicher Energieaufwand für gehende oder stehende Tätigkeit, z.B. Laboranten, Kraftfahrer, Fließbandarbeiter
  • 1,8-1,9 = überwiegend gehende und stehende Arbeit, z.B. Hausfrauen, Pflegepersonal, Kellner, Mechaniker, Handwerker
  • 2,0-2,4 = körperlich anstrengende berufliche Arbeit, z.B. Bauarbeiter, Landwirte, Waldarbeiter, Leistungssportler, Bergarbeiter

Wer regelmäßig Sport treibt (30-60 Minuten/Tag), kann zu den oben genannten Werten bis zu 0,3 PAL-Einheiten addieren. Das bedeutet aber auch, dass der PAL-Wert von Tag zu Tag variieren kann, wenn man nicht täglich Sport treibt.

Multipliziert man den berechneten Grundumsatz mit dem PAL-Wert, erhält man den ungefähren Leistungsumsatz und somit die Kalorienzahl, die der Körper in etwa verbraucht. Nimmt man diese Kalorien zu sich, hält man sein aktuelles Gewicht.

Wie sollte ich die Kalorienzufuhr reduzieren?

Wer abnehmen möchte, sollte also weniger Kalorien essen und trinken – allerdings maximal 500 weniger. Denn nicht nur, wer zu viele Kalorien isst, nimmt nicht ab. Auch, wer zu wenige isst, wird Schwierigkeiten haben, sein Gewicht zu reduzieren. Hierbei spielt ebenfalls eine Verlangsamung des Stoffwechsels eine Rolle.

Der Körper schaltet auf Sparflamme, um nicht zu viel Energie einzubüßen, wenn er zu wenig Nahrung bekommt. Ein Beispiel für eine angemessene Kalorienreduktion wäre also:

  • Der Grundumsatz von Max und Erika Mustermann liegt bei 1.500 Kalorien.
  • Der Leistungsumsatz (berechnet aus Grundumsatz x PAL-Wert) liegt bei 2.400 Kalorien.
  • Die Kalorienzufuhr darf somit maximal auf 1.900 zurückgefahren werden. Sobald das Wunschgewicht erreicht ist, kann man Kalorien im Rahmen des dann aktuellen Leistungsumsatzes zu sich nehmen, um das Gewicht zu halten.

Um die Kalorien der täglichen Mahlzeiten und Getränke im Blick zu haben, können Kalorienzähler-Apps helfen. Wichtig ist aber nicht nur, wie viel man isst, sondern auch, was man isst. Und dafür braucht es gar keine verrückten Ernährungsarten, sondern vielmehr die klassische Ernährungspyramide, anhand derer wir gesunde Essgewohnheiten ganz einfach entwickeln können.

Zurück zu den Wurzeln mit der Ernährungspyramide

Wir alle wissen, wie eine Pyramide aussieht und dass die Basis für ihre Standfestigkeit sorgt. Insofern sollten wir das, was unten steht, am meisten zu uns nehmen – und je weiter es nach oben geht, immer weniger. Heißt:

  • Getränke (Mineralwasser, Leitungswasser, Kräuter- und Früchtetee, stark verdünnte Säfte) bilden die Basis unserer Ernährung. Bis zu vier Tassen Kaffee oder schwarzer Tee pro Tag sind ebenfalls erlaubt. Alle süßen Getränke zählen indes zu den Süßigkeiten, Alkohol zu den Extras und Milch zu den Milchprodukten.
  • Gemüse und Salat (gegartes Gemüse, Salate und Rohkost, Hülsenfrüchte) stehen auf der zweiten Stufe und sollten somit am meisten gegessen werden.
  • Obst und Trockenobst folgt auf Stufe 3.
  • Brot und Getreide (Brötchen, Körnermischungen, Getreideflocken, Müsli sowie Beilagen (Reis, Nudeln, Kartoffeln) stehen auf Stufe 4.
  • Milch und Milchprodukte (Joghurt, Kefir, Buttermilch, Quark, Käse) folgen auf Stufe 5.
  • Fleisch, Geflügel, Wurst, Wurstwaren, Fisch und Eier stehen auf Stufe 6. Wer pflanzliche Fleischalternativen bevorzugt, sollte auf deren Zutatenliste achten. Manche Produkte enthalten zahlreiche Zusatzstoffe und sind dementsprechend nicht so gesund wie erhofft.
  • Fette und Öle (Butter, Margarine, Speiseöl, Bratfette, Sahne, Majonaise) folgen auf Stufe 7.
  • Extras (Süßigkeiten, Gebäck, salzige und fettige Knabbereien, Alkohol) stehen an der Spitze der Pyramide.

Wer all diese Lebensmittelgruppen nutzt, sich aber überwiegend an den Lebensmitteln der unteren Hälfte der Pyramide bedient und vor allem Extras nur selten zu sich nimmt, ernährt sich ohne viel Aufwand ausgewogen und gesund. Wer gleichzeitig seine berechnete Kalorienzufuhr beachtet, kann eine Gewichtsreduktion oder -erhaltung steuern.

Dadurch, dass man auf nichts dauerhaft verzichten muss, steigt zudem das Wohlbefinden – und wir beugen automatisch Heißhungerattacken vor.