Albersloh liegt im Münsterland. In einer sehr katholischen Gegend mit sehr alten Kirchen. Und auch die St.-Ludgerus-Kirche macht da keine Ausnahme. Ende des 13. Jahrhunderts gebaut und seitdem in verschiedenen Schritten ausgebaut und verändert. Ausgerechnet für diese Kirche hat die Schwerter Künstlerin Jessica Maria Toliver einen neuen Beichtstuhl entworfen. Am Wochenende wurde er eingeweiht.
Doch wie gerät eine evangelische Schwerter Künstlerin an eine katholische Gemeinde aus dem Münsterland? Da spielen auch die ausrangierten Kirchenbänke der Schwerter St.-Viktor-Kirche eine Rolle.
Den Auftrag, die Kirche im Münsterland umzubauen, hatten Gemeinde und Bistum an den Düsseldorfer Architekten Volker Lembken aus Ahlen vergeben. Der gilt als einer der Experten auf diesem Gebiet. Die Idee war, ob man aus den Kirchenbänken, die bei der Sanierung und Verkleinerung des Kircheninnenraums übrig blieben, etwas Neues schaffen könne.
Kunstwerke aus Kirchenbänken
Und da kam Jessica Maria Toliver ins Boot. Denn über drei Ecken kannte der Architekt die Schwerter Künstlerin und erinnerte sich an die kleinen Kunstwerke, die sie aus den ausrangierten Kirchenbänken von St. Viktor geschaffen hatte - zusammen mit dem Kunsttischler Konrad Horsch aus Iserlohn.
Mit dem nahm sie dann auch die Aufgabe an, aus alten Kirchenbänken einen neuen Beichtstuhl zu bauen. Die Grundidee dabei: Aus dem Holz der Bänke zunächst einmal feste Platten zu machen. Dazu wurden die Bänke auseinander montiert und in ihre Einzelteile zerlegt. Sitzflächen und Kniebänke konnten als Furnier dienen, die mehr mitgenommenen Fußteile und Seitenstreben landeten im Inneren des neuen Beichtstuhls.
Künstlerisch erinnert der neue Beichtstuhl an die Scherenschnitte der Schwerter Künstlerin. Die Holzplatten sind von Scharten durchzogen, die zum einen dafür sorgen, dass Licht in den großen Kubus fällt, zum anderen als Trennwand mit einer Art Gitter die klassische Ohrenbeichte ermöglichen.
3,50 Meter ist der neue Beichtstuhl hoch. Neben der klassischen Kabine für die Beichte gibt es auch eine Art Zimmer mit zwei Stühlen, wo man mit dem Seelsorger Auge in Auge sprechen kann.
„Als Kind war die Beichte schon etwas Besonderes“, sagt Konrad Horsch. Anders als Jessica Toliver ist er katholisch aufgewachsen. Wenn man da in die schwarze Kiste musste, sie das schon unangenehm gewesen. In dem modernen Beichtstuhl kommt so ein Gefühl nicht auf. Die Scherenschnitte der Toliver tauchen übrigens im ebenfalls neuen Altar der Gemeinde auch auf. Denn Architekt Lembken nahm das Thema auf und ließ vom Steinmetz in die schweren Stelen aus Stein ebenfalls Bruchkanten einarbeiten.
Zweiter „Beichtstuhl“ dient als Toilette
Neben dem Beichtstuhl steht ein optisch sehr ähnlicher Kubus. Auch den haben die beiden Künstler aus Schwerte und Iserlohn geschaffen. Er dient allerdings nicht als Beichtstuhl. In ihm sind ganz profan die Toiletten und eine Abstellkammer untergebracht.
400 bis 500 Stunden habe man in das Projekt gesteckt, erzählt Jessica Toliver - von der Idee bis zur Umsetzung. Dabei blieb auch für die Schwerte etwas übrig. Denn nicht alle ausrangierten Kirchenbänke wurden zu Holz für den Beichtstuhl. Aus einem kleineren Teil fertigte die Künstler wieder Kerzenständer, Stövchen oder Mini-Krippen in Scherenschnittoptik. Die können die Schwerter am Wochenende im Atelier von Jessica Toliver an der Ruhrstraße 16 (neben der Rohrmeisterei) bei der großen Adventsausstellung besichtigen und auch kaufen.
Die Türen des Ateliers sind am Samstag, 30. November, von 10 bis 19 Uhr und am Sonntag, 1. Dezember, von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
