
Sicherheitsbehörden sorgen sich angesichts der Lockerungen für Geimpfte und Genesene in der Corona-Pandemie um gefälschte Impfpässe. „Das Problem besteht schon heute und wird noch eine ganze Weile aktuell bleiben, da mit einer vollständigen Impfung entweder eine Befreiung von Grundrechtseinschränkungen oder perspektivisch zunehmend auch Ein- oder Ausreisevorteile verbunden sein werden“, sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Sebastian Fiedler, dem „Handelsblatt“ (Donnerstag).
Abnehmer gefälschter Pässe könnten inländische Impfverweigerer sein, ebenso Ein- oder Ausreisewillige, die sich Quarantänepflichten entziehen möchten.
Wie der Deutschlandfunk berichtet, gibt es gefälschte Impfpässe bereits für 100 Euro im Netz zu kaufen. Nicht der ganze Pass müsse dafür gefälscht werden, sondern nur der Impfeintrag. Stempel von Impfzentren oder einer Arztpraxis ließen sich ohne viel Aufwand bestellen. Die Chargennummer, die im Impfpass klebt, findet sich auf zahlreichen Fotos, die Menschen nach ihrer Impfung im Internet posten.
Eine andere Masche: Menschen bestellen Stempel im Internet und lassen sie mit den Namen von Impfzentren oder Hausärzten bedrucken, um ihre Impfpässe dann selbst abstempeln zu können.
Das Magazin „Report Mainz“ berichtet von einem Online-Händler für Stempel, bei dem in den vergangenen Wochen immer wieder dubiose Bestellungen eingegangen seien. Offiziell gaben sich die Besteller als Arzt oder Impfzentrum aus – versendet wurden die Stempel jedoch an Privatadressen, oft sogar in andere Städte.
Telegram-Gruppen mit Tausenden Mitgliedern
Auch der Handel über Telegram-Gruppen nimmt zu: Die Psychologin Pia Lamberty erklärt dem ARD-Politikmagazin, es gebe entsprechende Gruppen und Kanäle – dort habe sich die Mitgliederzahl innerhalb von knapp zwei Wochen versechsfacht.
Eine der größten Gruppen zähle mittlerweile über 8000 Mitglieder. Lamberty beobachtet diese Entwicklung mit Sorge: „Das sind nicht alles Internet-Cracks. Durch diese neuen Entwicklungen auf Telegram ist es unglaublich simpel geworden, an einen gefälschten Impfpass zu kommen. Man braucht nur ein Handy. Das finde ich problematisch, dass dieser Zugang so viel einfacher ist.“

Auch der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hält Impfpässe für alles andere als fälschungssicher. „Für die Polizei ist eine Fälschung auf dem Papier aber äußerst schwer zu erkennen, wenn sie nicht allzu plump ist“, sagte Wendt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). Polizisten, Grenzbeamte und kommunale Ordnungskräfte müssten deshalb Zugriff auf die digitalen Informationen des Robert Koch-Instituts bekommen.
Digitaler Impfpass soll Problem beheben
Bislang werden diese nur anonymisiert von den Impfstellen gemeldet. „Die Daten müssten dem RKI komplett, also mit Namen, Personaldaten und Impfdatum übermittelt und dort auch abrufbar gespeichert werden.
Dann können sie den Kontrollbehörden für einen Übergangszeitraum online zugänglich gemacht werden, damit die Einsatzkräfte vor Ort direkt abfragen können, ob tatsächlich der erforderliche Impfstatus vorliegt“, forderte Wendt.
Deutlich sicherer als der Impfpass in Papierform dürfte der geplante Impfnachweis per App sein. Laut Gesundheitsminister Jens Spahn soll dieser noch vor den Sommerferien kommen.
RND/msc/dpa