Papst Benedikt XVI. im Petersdom aufgebahrt Menschen reihen sich vor Dom, um Abschied zu nehmen

Der Leichnam des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. ist im Petersdom öffentlich aufgebahrt.
Der Leichnam des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. ist im Petersdom öffentlich aufgebahrt. © picture alliance/dpa
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Seit Montagmorgen können sich Gläubige im Petersdom vom emeritierten Papst Benedikt XVI. verabschieden. Der frühere Pontifex wurde dort zwei Tage nach seinem Tod öffentlich aufgebahrt. Um kurz nach 9.00 Uhr öffneten die Pforten der großen Basilika im Vatikan. Vor der Kirche und den Sicherheitskontrollen standen Menschen lange in der Schlange – manche warteten gar schon seit mitten in der Nacht.

Benedikt war am Samstagmorgen im Alter von 95 Jahren gestorben. Danach wurde er zunächst in der Kapelle des Vatikan-Klosters Mater Ecclesiae, in dem er nach seinem Rücktritt als Papst im Jahr 2013 fast zehn Jahre lang gelebt hatte, aufgebahrt. Freunde und frühere Weggefährten beteten schon dort an dem Leichnam, auch Benedikts Nachfolger Franziskus.

Am frühen Montagmorgen wurden die sterblichen Überreste dann von einem Kleinbus den kurzen Weg vom Kloster zum Petersdom gebracht. Dort liegt Benedikt vor dem großen Altarraum. Links und rechts steht jeweils ein Mitglied der Schweizer Garde, der historischen Leibgarde der Päpste. Die Besucher stehen im Mittelgang an.

Unter den ersten Trauergästen war Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Staatspräsident Sergio Mattarella war kurz vor 9.00 Uhr in der Basilika, wie Agnello Stoia, der Pfarrer des Petersdoms, der Nachrichtenagentur Ansa sagte. Auch Benedikts langjähriger Weggefährte und Privatsekretär Georg Gänswein war im Dom.

Der Leichnam des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. ist im Petersdom öffentlich aufgebahrt.
Der Leichnam des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. ist im Petersdom öffentlich aufgebahrt. © picture alliance/dpa

Vor der Kirche standen mehrere Hundert Leute um den ganzen Petersplatz herum Schlange, um Einlass zu bekommen. „Ich möchte mich von ihm verabschieden“, sagte ein Gläubiger aus Deutschland, der stundenlang anstand. „Seit 1.00 Uhr, ich war der Erste“, erzählte er. „Ich erwarte eine gewisse Stille und Demut, so wie er es sich gewünscht hat“, sagte ein Mann aus Regensburg, wo der gebürtige Bayer Ratzinger einst Universitätsprofessor war und wo dessen Bruder Georg 2020 starb.

Bis 19.00 Uhr sollten die Tore des Petersdoms am Montag für Besucher geöffnet sein, am Dienstag und Mittwoch können Menschen von 7.00 bis 19.00 Uhr in die Kirche und am aufgebahrten Benedikt vorbeigehen. Bis zu 35.000 Gläubige werden täglich erwartet.

Menschen warten in einer Schlange vor dem Petersdom.
Gläubige warten auf den Einlass, um den Leichnam des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. zu sehen. © picture alliance/dpa/AP

Am Donnerstag ist dann der große Trauergottesdienst geplant, den um 9.30 Uhr Papst Franziskus selbst zelebrieren will. Zu dem Requiem, das nach dem Wunsch von Benedikt schlicht gehalten sein dürfte, werden laut Angaben der Präfektur von Rom bis zu 60 000 Menschen erwartet. Im Anschluss soll Benedikt XVI. in der Krypta des Petersdoms beigesetzt werden – dem Vernehmen nach in jenem Grab, in dem einst die Überreste Johannes Pauls II. lagen, bis sie nach dessen Heiligsprechung an einen anderen Ort in der Basilika verbracht wurden.

Aus Deutschland kündigte sich bereits Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an. Der Vatikan lud Delegationen aus Deutschland – also Benedikts Heimat – und Italien offiziell ein. Allerdings können auch Politiker oder Diplomaten aus anderen Ländern kommen. Darüber hinaus werden viele hohe Geistliche erwartet, etwa Weggefährten Benedikts und jene Kardinäle, die er in den Kardinalsstand erhoben hatte.

Papst Franziskus über Benedikt: „Treuer Diener“

Während der Feierlichkeiten zu Silvester und Neujahr würdigte Papst Franziskus seinen Vorgänger als „treuen Diener“ der Kirche. Franziskus hatte noch am vergangenen Mittwoch während der Generalaudienz in der vatikanischen Audienzhalle zum Gebet für den schwer erkrankten Papa Emeritus aufgerufen – und damit überhaupt erst auf dessen schlechten Gesundheitszustand aufmerksam gemacht.

Wie anschließend bekannt wurde, bekam Benedikt schon an jenem 28. Dezember die Krankensalbung – im Volksmund auch letzte Ölung genannt. Sein Zustand war danach laut Vatikan zwar besorgniserregend, aber stabil. Am Silvestertag starb er schließlich, was weltweit für große Anteilnahme sorgte. Seine letzten Worte sollen „Herr, ich liebe dich“ gewesen sein, wie Vatikan-Sprecher Matteo Bruni und das vatikanische Medienportal „Vatican News“ später berichteten.

Kurz nach dem Tod Benedikts war Franziskus der erste gewesen, der in seine Residenz kam und an seinem leblosen Körper betete. Kardinäle und andere Kirchenvertreter kamen später, um vom früheren Chef der Glaubenskongregation Abschied zu nehmen. Benedikt lebte in den vergangenen Jahren nach seinem freiwilligen Rücktritt 2013, dem ersten eines Papstes seit mehr als 700 Jahren, sehr zurückgezogen in dem Kloster in den Vatikanischen Gärten, wo sich sein Privatsekretär Georg Gänswein um ihn kümmerte. Der Umgang zwischen Benedikt und seinem Nachfolger galt als respektvoll, wenn auch nicht ganz einfach.

Papst Benedikt XVI.: Freiwilliger Rückzug 2013

2013 erregte Benedikt größtes Aufsehen, indem er als erster Papst seit mehr als 700 Jahren freiwillig zurücktrat. Seinen Rücktritt begründete er mit seinem fortgeschrittenen Alter und seiner angeschlagenen Gesundheit – ihm fehlten die Kräfte für das anspruchsvolle Amt, sagte er.

Die Todesnachricht sorgte für große Anteilnahme in Deutschland und weltweit, vor allem unter den etwa 1,4 Milliarden Katholiken. Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf Twitter, dass die Welt eine prägende Figur der katholischen Kirche verliere. „Als „deutscher“ Papst war Benedikt XVI. für viele nicht nur hierzulande ein besonderer Kirchenführer“, so der SPD-Politiker.

Auch der Ministerpräsident von NRW, Hendrik Wüst (CDU), würdigte Papst Benedikt. Kritiker beklagten jedoch den konservativen Kurs Benedikts in seiner Zeit als Kirchenoberhaupt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Benedikt als Mittler zwischen den Religionen. „Die Einheit der Christenheit und der Dialog der Religionen, das Miteinander von Religion und Gesellschaft lagen ihm besonders am Herzen. Er suchte das Gespräch mit Juden und Muslimen sowie allen christlichen Konfessionen weltweit“, schrieb Steinmeier, der zum Trauergottesdienst nach Rom reisen wird.

Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, war Benedikt XVI. „ein beeindruckender Theologe und erfahrener Hirte“. Die Katholiken trauerten um eine Persönlichkeit, die der Kirche auch in schwierigen Zeiten Hoffnung und Richtung vermittelt habe, teilte der Limburger Bischof der Deutschen Presse-Agentur mit. „Papst Benedikt hat die Stimme des Evangeliums – gelegen oder ungelegen – hörbar gemacht.“ UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete Benedikt als „demütigen Mann des Gebets und des Studium“.

Benedikt wegen Umgang mit Missbrauchsfällen kritisiert

Anfang 2022 war Benedikts eigener Umgang mit Missbrauchsfällen in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising in die Schlagzeilen geraten. Ein vom Münchener Erzbistum in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten warf ihm Fehlverhalten in vier Fällen vor. Benedikt war von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising gewesen.

Kurz nach der Veröffentlichung des Gutachtens musste Benedikt über seinen Privatsekretär Georg Gänswein eine Aussage korrigieren: Entgegen einer ersten Darstellung hatte er demnach 1980 doch an einer wichtigen Sitzung teilgenommen, in der über einen Priester gesprochen worden war, der im Bistum Essen mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auffällig geworden war. Der Fall war deshalb brisant, weil der Priester in Bayern wieder als Seelsorger eingesetzt wurde. In einem öffentlichen Brief entschuldigte sich Benedikt etwas später bei allen Opfern sexuellen Missbrauchs.

Bätzing erinnerte an diesen Brief. „Die Betroffenen hat er um Vergebung gebeten und doch blieben Fragen offen.“ Kritik kam von der Opfer-Initiative „Eckiger Tisch“. „Den Tausenden von Missbrauchsopfern seiner Kirche in aller Welt wird er in unguter Erinnerung bleiben als langjähriger Verantwortlicher jenes Systems, dem sie zum Opfer fielen“, sagte der Sprecher der Initiative, Matthias Katsch, der dpa.

Benedikt prägte die katholische Kirche schon vor seinem Pontifikat. Als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom hatte Kardinal Ratzinger bereits mehr als 20 Jahre Kirchengeschichte geschrieben. Seine strenge Haltung zu Themen wie Geburtenkontrolle, Abtreibung oder Zölibat lehnten zahlreiche Gläubige insbesondere in Europa ab. In anderen Teilen der katholischen Weltkirche, etwa in Ländern Afrikas und Lateinamerikas, erfuhr seine Linie dagegen Unterstützung.

Joseph Ratzinger, wie sein bürgerlicher Name lautete, wurde in Oberbayern geboren und am 19. April 2005 als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt. Er war der erste deutsche Pontifex seit mehr als 480 Jahren. Geistliche und Politiker würdigten ihn nach seinem Tod als klugen Theologen. Kritiker beklagten jedoch den konservativen Kurs in seiner Zeit als Kirchenoberhaupt – eine Parallele zu seinem polnischen Vorgänger Johannes Paul II.

dpa