
Auf dem Petersplatz in Rom hat die katholische Kirche Abschied von dem verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. genommen. Das Requiem wurde am Donnerstag (5.1.) von Benedikts Nachfolger Franziskus geleitet. Gegen 11 Uhr wurde dann der Sarg des emeritierten Papstes vom Petersplatz in den Dom getragen, wo er in der Gruft beigesetzt werden soll. Zehntausende Gläubige haben beim Trauergottesdient teilgenommen, darunter auch Bischöfe aus Deutschland. Zuvor war der Leichnam von Benedikt drei Tage im Petersdom aufgebahrt gewesen, wo fast 200.000 Menschen Abschied nehmen konnten.
Der einstige Papst, der mit bürgerlichem Name Joseph Ratzinger hieß, starb am Silvestermorgen im Alter von 95 Jahren im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten.

Trauerfeier für Benedikt XVI.: Tausende nahmen Abschied
Um 9.30 Uhr am Donnerstagmorgen wurde der Sarg von Benedikt von 12 Trägern vom Petersdom auf den Petersplatz gebracht, wo die Trauermesse stattfand. Der 86 Jahre Papst Franziskus hat die Predigt gehalten, am Altar sprach Kardinal Giovanni Battista Re den Gottesdienst.

Franziskus wurde im Rollstuhl auf den Platz gefahren. In seiner Predigt nahm er nur wenig direkten Bezug auf seinen Vorgänger. Der Argentinier sprach vor allem allgemein über Hingabe für Gott und Vertrauen auf den Herrn. Erst ganz am Schluss sagte er: „Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!“ Jesus wird in der katholischen Kirche oft als Bräutigam bezeichnet.
Die Totenmesse für Benedikt war für die katholische Kirche zeremonielles Neuland, weil mit ihm erstmals seit Jahrhunderten ein emeritierter Papst gestorben war und deshalb kein Nachfolger gewählt werden musste. Die Liturgie wurde im Vergleich zu einem herkömmlichen Trauergottesdienst für einen Papst leicht verändert. Das Requiem wurde überwiegend auf Latein gehalten, die Fürbitten wurden jedoch in mehreren Sprachen, darunter auch auf Deutsch, gesprochen.

Mehrere Tausend Gläubige hatten sich auf dem zunächst nebelverhangenen Platz versammelt, um Benedikt die letzte Ehre zu erweisen. Auch eine große Abordnung aus seiner bayerischen Heimat feierte die Messe weit vorn auf dem Petersplatz mit. Dazu gehörten Gebirgsschützen, Trachtler, eine Blaskapelle und die freiwillige Feuerwehr aus Pentling bei Regensburg, wo Joseph Ratzinger eigentlich seinen Lebensabend hatte verbringen wollen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und andere deutsche Spitzenpolitiker waren ebenfalls angereist.

Rund 130 Kardinäle aus aller Welt reihten sich in ihren Gewändern auf dem Platz ein. Kurz vor Beginn des Requiems beugte sich Benedikts langjähriger Vertrauter und Privatsekretär Georg Gänswein über den Sarg und küsste ihn. Weitere hohe deutsche Geistliche, die den Gottesdienst mitfeierten, waren der Münchner Kardinal Reinhard Marx, der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der frühere Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller.
Für die Trauerfeier waren rund 1000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Über dem Vatikan herrschte eine Flugverbotszone. An öffentlichen Gebäuden im ganzen Land sollten die italienische und die europäische Flagge auf halbmast hängen. Mehr als 1000 Medienvertreter waren für das historische Event akkreditiert.
TV-Sender berichteten live von der Trauerfeier
Mehrere TV-Sender unterbrachen ihr herkömmliches Programm, um die Trauerfeierlichkeiten für den emeritierten Papst Benedikt XVI. live zu übertragen. Auf den Sendern ZDF, Phoenix und ntv wurde von 9 bis 11 Uhr vom Petersplatz in Rom live über die Trauerfeier berichtet.

Wo wird Benedikt XVI. beigesetzt?
Nach dem Requiem wurde der einfache Holzsarg mit dem Leichnam Benedikts in den Petersdom gebracht, wo Benedikt in der Gruft in seiner letzten Ruhestätte beigesetzt werde sollte. Auf eigenen Wunsch wird er im ehemaligen Grab seines Vorgängers Johannes Paul II. beigesetzt. Von diesem Teil der Trauerfeierlichkeiten war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Bevor der Sarg im Petersdom verschwand, segnete Papst Franziskus ihn, berührte ihn mit der Hand und verneigte sich.
Vor der Messe war dem gestorbenen Pontifex ein Schreiben in den Sarg gelegt worden, das sein Leben zusammenfasste. Darin stand unter anderem: „Er kämpfte entschieden gegen die Verbrechen, die von Vertretern des Klerus an Minderjährigen oder schutzbedürftigen Personen begangen wurden, und rief die Kirche immer wieder zur Bekehrung, zum Gebet, zur Buße und zur Reinigung auf.“

In das Pontifikat von Benedikt fielen etliche Enthüllungen von Missbrauchsskandalen. Er ergriff dabei Maßnahmen zum Schutz von Kindern und verurteilte als erster Papst die Verbrechen. Allerdings änderte er nichts an den Strukturen, die den Missbrauch in der katholischen Kirche begünstigten.
Die Opfervereinigung Eckiger Tisch forderte von der zur Beisetzung angereisten Delegation aus Deutschland, sich auf die Seite der Missbrauchsopfer zu stellen. Sie solle der „Mythenbildung über die Rolle des Verstorbenen“ in Bezug auf die Aufdeckung von sexuellem Kindesmissbrauch durch Kleriker der katholischen Kirche entgegentreten, hieß es in einer Mitteilung.

Glocken in Deutschland läuteten
Während in Rom das Requiem gefeiert wurde, haben auch in Deutschland für Benedikt die Glocken geläutet: Die Deutsche Bischofskonferenz empfahl den 27 katholischen Bistümern, gegen 11.00 Uhr bundesweit ein Trauergeläut zu ermöglichen.
In NRW wehten die Fahnen an öffentlichen Gebäuden auf Halbmast. Innenminister Herbert Reul (CDU) hat für den Tag der Beisetzung eine Trauerbeflaggung für alle Dienstgebäude des Landes und der Kommunen angeordnet, teilte das NRW-Innenministerium mit.
